Der Schlüssel zur körperlichen Balance heißt – Bewegung. Gäbe es ein Medikament, das alle positiven Effekte moderater sportlicher Betätigung in sich vereinte, würde es als Wunderpille, als medizinische Revolution gefeiert. Der Beipackzettel läse sich ungefähr wie folgt:
Anwendungsgebiete: Bewegung schützt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen aller Art, vor Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, vor Übergewicht, Depressionen, Burnout-Syndrom,
Hormonmangelerscheinungen, Impotenz, Gallensteinen, Rheuma, Demenz, Erkrankungen der Atemwege, des Verdauungssystems und des Gelenkapparats. Bewegung stärkt das Immunsystem, die körpereigene
Krebsabwehr, die Muskulatur und die Knochendichte, reinigt das Blut, verbessert die Sauerstoffversorgung sämtlicher Zellen und fördert die Leistung des Gehirns.
(Eine vollständige Auflistung aller 22 bislang erwiesenen heilenden Effekte finden Sie hier.)
Nebenwirkungen: bei sachgerechter Dosierung keine bekannt.
Damit nicht genug. Die beste Botschaft, die in der Forschung erst seit kurzem in ihrem ganzen Ausmaß entdeckt wird, lautet: Es ist nie zu spät, mit der Medikation zu beginnen. Selbst 70-Jährige, die
jahrzehntelang körperlich untätig waren, können von den segensreichen Wirkungen der Bewegung noch profitieren und den Alterungsprozess verlangsamen, in Teilen sogar stoppen und umkehren. In einem
Feldversuch der Universität Köln wurde nachgewiesen, dass zuvor untrainierte 70-Jährige nach einem Jahr Ausdauertraining leistungsfähiger wurden als 35-jährige Bewegungsmuffel.
Der Grund: "Wir altern nicht chronologisch, sondern biologisch. Wenn man die Körperfunktionen erhält, dann kann man den biologischen Alterungsprozess überwinden", sagt Irwin Rosenberg vom "Human
Nutrition Research Center on Aging" der Tufts-Universität in Boston, der seit Jahren die Zusammenhänge von aktivem Lebensstil und Alterungsprozessen erforscht.
Verantwortlich für das verblüffende Ausmaß positiver Effekte ist unsere genetische Disposition, die sich in den vergangenen 10 000 Jahren – für die Evolution eine kurze Zeitspanne – kaum verändert
hat. Immer noch sind unsere Erbanlagen für das Leben als Jäger und Sammler optimiert – das heißt für viele Stunden Schwerstarbeit bei der Nahrungssuche und dem Bau von Behausungen. Man schätzt den
Aktionsradius des Steinzeitmenschen auf etwa 15 Kilometer täglich. Wer da nicht mithielt, wurde von der Evolution gnadenlos ausradiert. Wir Heutigen sind alle Nachfahren der stärksten, der am besten
angepassten Jäger und Sammler. Unsere Körper bergen einen Athleten als entwicklungsgeschichtliche Mitgift. Wer in Balance mit seinem Körper und seiner genetischen Ausstattung leben will, muss seinen
inneren Athleten entdecken.
Der modernen Hygiene und der Medizin – besonders der verringerten Säuglingssterblichkeit und der Erfindung der Antibiotika – verdanken wir, dass unsere Lebenserwartung trotz eines krank machenden
Lebensstils weit über der des Steinzeitmenschen liegt. Doch um wie viel länger und vor allem besser könnten wir leben, würden wir uns im Einklang mit unseren Anlagen verhalten!
Eine lexikalische Aufstellung mit allen positiven gesundheitlichen Effekten des Laufens finden Sie hier.