Kein Gebet kann umfassender, aufrichtiger, eindringlicher sein, als das Gebet, das Jesus seinen Anhängern selber empfahl (Mt 6,9-13 und Lk 11,2-4). Ich bevorzuge es
beim Laufen in dieser Version:
Unser Vater im Himmel!
Dein Name werde geheiligt!
Dein Reich komme!
Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf Erden!
Unser täglich Brot gib uns heute!
Und vergib uns unsere Sünden wie wir vergeben denen, die an uns schuldig geworden sind!
Führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen!
Denn Dein ist das Reich
und die Kraft
und die Herrlichkeit
in Ewigkeit!
Amen.
Was ist das Besondere daran? Dazu ein paar Gedanken:
- Das erste Wort ist »unser« – nicht »mein«. Es macht deutlich, dass wir uns im Bewusstsein der Nächstenliebe an Gott wenden sollten. Konkret beim Laufen kann das heißen: Mein Gott ist auch der
Gott des Herrchens, dessen Hund mich gerade angebellt hat, des Autofahrers, der mich am Zebrasteifen nicht rübergelassen hat...
- »Vater im Himmel«: einerseits dürfen wir Gott so vertraut wie einen Verwandten anreden, andererseits ist Gott eine über allem anderen stehende Wirklichkeit.
- »Dein Name werde geheiligt«: Hier passt unser Dank über die Schönheit der Schöpfung hinein, unsere Freude, dass wir laufen können. Außerdem können wir uns hier noch einmal vergewissern, dass
unsere Gedanken auch ganz auf Gott gerichtet sind, ehe wir mit den Bitten fortfahren.
- »Dein Reich komme!«: einerseits das Anerkenntnis von Gottes Regentschaft über unser Leben, andererseits Ausdruck unserer Hoffnung, dass seine Liebe zu uns eine von allem Übel befreite Zukunft
bereithält.
- »Dein Wille geschehe!«: Gott, lass mich heute in allen Entscheidungssituationen Deinen Willen erkennen und die richtige Alternative auswählen!
- »Unser täglich Brot gib uns heute!«: Hier ist Platz für alle unsere alltäglichen Sorgen, Nöte und Fürbitten. Merke: Es heißt nicht »Mache mich immer satt«! Die Bitte umfasst nur den heutigen Tag
(vgl. Mt 6,34: »Sorget Euch nicht um den morgigen Tag, der heutige trägt genug an seiner Last«), und sie schließt unsere Mitmenschen ein. Deshalb ist hier auch Raum für unsere Bitten für Freunde,
Verwandte, Kollegen...
- »Und vergib uns unsere Sünden...«: eine Bitte darum, dass wir den Tag in einem versöhnten Zustand begehen – ohne Groll gegen unseren Nächsten, ohne Gram über unser Fehlverhalten.
- »Führe uns nicht in Versuchung...«: Führt uns Gott in Versuchung? Nein – wir führen uns selbst in Versuchung! Die Bitte drückt aus, das Gott uns die Kraft gibt, dies zu erkennen und zu
widerstehen.
- »Denn Dein ist das Reich...«: ein kraftvoller Schluss, in dem das ganze christliche Gottesverständnis zusammengefasst wird. Wer hier beim Laufen nicht schneller wird, der hat's nicht
verstanden...